1. FC Köln: Haue in Aue? Sportliches Opfer?


Vor jedem Spiel des 1. FC Köln steigt die Hoffnung, dass es irgendwie den Befreiungsschlag geben wird. Leider vergeblich, denn auch beim völlig verdienten 0:2 beim lauf- und kampfstarkem Team von Erzgebirge Aue scheint es offensichtlich zu sein, dass die Qualität beim rheinischen Traditionsverein fehlt. Zuviel Substanz hat der Kader verloren.

Gern erinnert man sich an einen Spruch von einem leidenschaftlichen Fanklub-Vorsitzenden der Detmolder Cherusker Böcke. So teilt der seit gut 40 Jahren FC-Fan Volker Mitschke mit, dass der Name 1. FC Köln für jeden Zweitligisten große Motivation bedeutet. Vergleichbar mit Bayern München in der Bundesliga. Das Problem ist nur, dass der Kader keinesfalls den Ansprüchen standhält und eher auf dem Niveau von Greuther Fürth anzusiedeln ist, wenn man bei diesem Vergleich bleiben möchte. Eine treffende Aussage, die sinnbildlich ist für viele leidenschaftliche FC-Fans, die in der letzten Zeit einfach zu oft enttäuscht wurden. Auch beim Montagabendspiel in der sächsischen Provinz haben wieder zahlreiche Kölner-Fans die Mannschaft lautstark unterstützt.
Auf dem Platz bot das Team von Trainer Holger Stanislawski allerdings ein erschreckend schwaches Bild. Es fehlt an spielerischer Qualität, an Leichtigkeit an vielen Komponenten, die ein erfolgreiches Spiel ausmachen. So war es auch kein Wunder, dass Coach Stanislawski nach dem Spiel treffend analysierte: „Wir waren einfach nicht gut genug.“ Eine Aussage, die gewiss zu denken geben muss. In der letzten Spielzeit war es der Fall, dass die Mannschaft nicht wollte. In dieser Saison scheint sie es einfach nicht besser zu können. Eine Bestandsaufnahme, die nüchtern ausfällt. Es gibt keine Verbesserung im Vergleich zur letzten Spielzeit. Auch im Unterhaus steht man schon wieder auf einem Abstiegsplatz.
Traurig ist diese Tatenlosigkeit der einst so emotionalen FC-Fans. Es gab Zeiten da wurden die Spieler als Söldner beschimpft. Schimpftiraden, Ausreden und allgemeines Hadern waren die Regel bei den gefühlsbetonten Rheinländern. Nun hingegen scheint die ganze Stadt in Schockstarre versetzt zu sein. Keiner weiß so richtig, wie er sich in dieser höchst komplizierten Situation verhalten soll. Der geneigte FC-Fan weiß um die schwere sportliche und wirtschaftliche Situation im Verein. Letztlich muss klar und deutlich konstatiert werden, dass auch biedere Zweitligisten wie Aue den Kölnern überlegen sind. Das Traurige ist, dass dem Team fehlender Kampfgeist nicht abgesprochen werden kann. Sie hat im Bereich ihrer begrenzten Möglichkeit vieles versucht, aber nichts erreicht. Durchhalteparolen wie die von Thomas Bröker nach dem Spiel wirken irgendwie gekünstelt.
Es wurde von Vereinsseite aus viel dafür getan, dass Verständnis aufgebracht wird. Dennoch ist ein Punkt aus drei Spielen gegen Teams wie Sandhausen und Aue gewiss nicht so eingeplant gewesen. Man möchte sich gar nicht vorstellen, wenn besser besetzte Teams
wie Hertha, Lautern, 1860 München, Dresden oder Ingolstadt auf die angeschlagene Geißbockelf treffen. Dann kommt die individuelle Komponente noch hinzu, die auch mit mannschaftlicher Geschlossenheit und Kampfgeist nur bedingt aufzufangen sein wird.
Irgendwie scheint es in diesen Tagen so, dass Köln in einem Zug ins Nirgendwo sitzt und nicht weiß, wo die Bremse sich befindet. Viel wurde auch im kommunikativen Bereich getan. Erreicht wurde aber nichts. Talenten aus dem eigenen Nachwuchs sollte endlich eine Chance gegeben werden. Leider ist dies bisher fast ausnahmslos fehlgeschlagen, weil auch die potentiellen Führungsspieler nicht ihre Leistung bringen können. Als sinnbildlich dürften zwei Personalien in Betracht gezogen werden. Mit Kevin Pezzoni wird ein Spieler schon seit Jahren im Kölner Team durch die jeweiligen Trainer gefördert, der es selten auf dem Platz durch Leistung zurückzahlen kann. Meistens stellt er sich derart ungeschickt an, dass bei einigen kritischen Betrachtern die „Fremdschämgefahr“ ihr Optimum erreicht. Das Kevin McKenna, der seine Stärken in der Luft und primär in der Abwehr hat, dem etatmäßigen Stürmer Chong Tese bei der Einwechslung vorgezogen wird und in der Schlussphase in Aue als Stürmer fungierte, ist ein klares Zeichen und auch eine Art Hilferuf von Holger Stanislawski. Der sympathische Übungsleiter möchte unbedingt einen neuen Stürmer haben. Nun liegt es an der Sportlichen Leitung bis zum 31.8. noch einen guten Angreifer zu präsentieren. Die letzten Spiele haben die Notwendigkeit einer Verpflichtung eindrucksvoll demonstriert.
„Stani“ konnte immerhin positiv anmerken, dass die Körpersprache gestimmt hat. Nun gibt es in den nächsten beiden Heimspielen gegen Cottbus und St. Pauli in der schwersten Krise der langen und erlebnisreichen Kölner Vereinsgeschichte zwei Begegnungen, die eine maximale Leistung erfordern. Der verständnisvolle Trainer äußert sich gegenüber den Medien: „Ich werde jetzt bestimmt nicht kommen und mit der Streitaxt draufhauen. Wir müssen es besser machen, das steht außer Frage, aber dabei werde ich den Jungs helfen.“
Die berühmt berüchtigte Durchhalterhetorik kommt nun wieder zum Einsatz. So nennt der Trainer Beispiele: „Druck hast du immer. Der darf dich nicht aus der Bahn werfen, sondern muss positiv sein und dich beflügeln, besser zu werden.“ Die Spielanteile sind zumindest zufriedenstellend. Die Umsetzung jedoch nicht. Die Hoffnung des Trainers ist klar: „Irgendwann wird mal einer reinrutschen, wahrscheinlich die schlechteste Chance, die wir überhaupt haben.“


Informationen
Quelle: www.welt.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln; Stanislawski; Bröker; Tese; Pezzoni; McKenna
Datum: 29.08.2012 20:19 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-1--fc-koeln--haue-in-aue--sportliches-opfer--1112.html
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