1. FC Köln: Trainer Stanislawski glaubt fest an den Relegationsplatz


Das Trainingslager des 1. FC Köln im türkischen Belek war ein echter Erfolg. Nicht nur ergebnistechnisch, denn die Spiele gegen Wacker Burghausen und besonders gegen den VfL Bochum konnten in beeindruckender Weise siegreich gestaltet werden. Vielmehr hat sich auch die mannschaftliche Geschlossenheit weiter verstärkt, was im erbitterten Aufstiegsrennen sicherlich noch ein großer Trumpf werden könnte. Dazu kommt auch die erfreuliche Nachricht, dass die spielerische Qualität des Kaders sich eminent verbessert hat. Grund genug, um mit dem Kölner Hoffnungsträger Holger Stanislawski ein ausführliches Gespräch über die Situation und die Perspektive zu führen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat einiges Wissenswertes vom Kölner Trainer erfahren können.

Besonders schwierig gestaltet sich für nicht ganz so wissentliche Journalisten die Tatsache, dass der 43-jährige gebürtige Hamburger fast jeden Spieler mit dem Spitznamen nennt, was für die klare Zuordnung sicherlich nicht gerade unproblematisch erscheint. Über dieses Faktum kann er berichten: „Klar, man muss sich mit der Mannschaft beschäftigen (lacht). Ich habe eine ganz eigene Art, Aufstellungen aufzuschreiben. Bei manchen schreibe ich den Vor- oder den Rufnamen hin, bei manchen den Nachnamen. Es kam auch schon mal vor, dass gefragt wurde: Mag der den Spieler jetzt lieber, weil der den Spitznamen hingeschrieben hat und bei einem anderen den Nachnamen? Dabei ist das nur eine Eigenart, die ich mir angewöhnt habe.“
Über die Anrede an die Spieler kann der meinungsstarke Trainer folgendes verraten: „Die meisten sagen Trainer oder Coach, manche Stani. Die wenigsten Herr Stanislawski, nur die ganz jungen, die es noch nicht gewohnt sind, dass der Trainer auch mit Stani angeredet werden kann. Ich habe den Spielern freigestellt, ob sie mich siezen oder duzen, ich will niemanden nötigen, mich zu duzen.“ Stanislawski ist ein echter Typ, der sicherlich Ecken und Kanten hat, aber stets für den direkten Weg zählt. Auch persönliche Anliegen der Kicker sind für ihn von großer Relevanz, wie er dem „Kölner Stadt Anzeiger“ deutlich gemacht hat: „Ich tue mich mit diesem Begriff schwer, denn ich bin nicht der Freund der Spieler. Ich bin der Trainer, der, der den Hut auf hat. Weder suchen die Spieler eine Freundschaft zu mir, noch suche ich eine Freundschaft zu den Spielern. Ich brauche im Umgang trotz alledem ein normales, offenes und ehrliches Verhältnis. Das ist meine Art, sonst würde ich mich verstellen. Aber Kumpeltyp? Nein. Kumpels habe ich genug, ich brauche keine mehr.“
Dennoch steht es für ihn außer Frage, dass der notwendige Respekt durchaus gegeben sein muss, da der Trainer auch eine Autoritätsperson sein muss, vor der man den notwendigen Respekt demonstrieren muss. Gewisse Grenzen setzt der ehemalige St. Pauli und Hoffenheim-Trainer ganz bewusst. Die Spieler sollen seiner Ansicht nach wissen, dass letztlich er das letzte Sagen hat: „Ich bin jemand, mit dem kann man zum richtigen Zeitpunkt flachsen, lachen und seinen Spaß haben. Die Jungs wissen aber auch, wann mit mir nicht zu spaßen ist. Das merkt man bei mir an der Tonlage und an der Körpersprache. Ich habe den Jungs mal gesagt: Je ruhiger ich werde, desto gefährlicher ist die Situation, dann brodelt etwas in mir, dann läuft etwas daneben. Je lauter ich bin, desto zufriedener bin ich. Wenn ich mich aber zurücknehme und ruhig werde, dann wird es gefährlich.“ Und auch seine Emotionen können durchaus mal weniger freundliche Gestalt annehmen, wie er gegenüber dem „Kölner Stadt Anzeiger“ mitteilt: „Das kann durchaus mal passieren. Dann ist es wichtig, dass meine Co-Trainer KP und Truller (Klaus-Peter Nemet und André Trulsen, d. Red) da sind. Dadurch, dass sie mich lange kennen, wissen sie, wie ich dann bin. Ich habe dann manchmal meine drolligen drei Minuten. Dann pflastere ich alles nieder, dann bin ich laut und auch mal ungerecht. Da kann schon eine Tür knallen oder eine Alukiste durch die Luft fliegen.“
Ehrlich räumt der höchst emotionale Trainer ein, dass dies in seinem ersten halben Jahr in Köln nur äußerst selten vorgekommen ist, da die Spieler offensichtlich keinen Anlass dafür gegeben haben: „Nicht so häufig. Es passiert, wenn ich merke, dass gewisse Dinge nicht so laufen, wie wir sie abgesprochen haben. Es geht nicht um gewinnen oder verlieren. Wenn man diesen Sport ausübt, muss man sich auch mit dem Verlieren arrangieren und damit umgehen können. Es geht darum, dass Spieler manchmal ihr Potenzial nicht abrufen, dass sie nicht mutig sind. Um grundlegende Dinge, die sie dann nicht in die Waagschale werfen. Das ist ein Punkt, an dem ich sauer werde.“
Wie schon eingangs erwähnt ist das Trainingslager im türkischen Belek sehr erfolgreich verlaufen, denn sowohl infrastrukturell als auch sportlich hat sich vieles äußerst positiv dargestellt. Allerdings hat der Ellbogenbruch von Kacper Przybylko einen kleinen Schatten auf
ein ansonsten prächtiges Trainingslager geworfen. Dies hat auch „Stani“ so erkannt: „Ich bin super zufrieden, wie die Jungs das durchgezogen haben. Trainingsplatz und Hotel waren toll. Wir haben wenig Verletzte bis auf Pritsche, ich meine Przybylko, der sich den Ellbogen gebrochen hat. Die Mannschaft hat richtig gut mitgezogen, deshalb haben wir darauf verzichtet, morgens um viertel vor acht als dritte Einheit am Tag noch mal zu laufen. Die Mannschaft funktioniert, sie hat sich eine gute Körperlichkeit in dem halben Jahr erarbeitet.“
Bewusst hat der 1. FC Köln mit dem neuen Angreifer Stefan Maierhofer nur einen Neuzugang präsentiert, der demnach möglichst schnell integriert werden sollte. Für den Kölner Trainer ist dies eine bewusste Entscheidung gewesen: „Das ist aber auch gewollt. Wir sind mit dem Weg zufrieden, den wir im Sommer eingeschlagen haben und vertrauen dieser Mannschaft. Wir glauben, dass sie sich entwicket und noch erfolgreicher spielen kann. Das alles im Winter in Frage zu stellen, indem man, nur weil wir ein paar Punkte hinter unseren Möglichkeiten zurückliegen, den Kader umbaut – das wäre ein Vertrauensentzug.“
In den restlichen 15 Ligaspielen muss der Traditionsverein vom Rhein vor allem gegen die wenig namhaften Mannschaften wie Aue und Aalen deutlich mehr Engagement an den Tag legen. In der Vorrunde hat es gegen personell schwächer besetzte Mannschaften nicht ganz so ansprechend ausgesehen. Stanislawski versucht dafür mögliche Gründe zu finden, wenn er dem „Kölner Stadt Anzeiger“ erklärt: „Was viele vergessen: Die Elf des 1. FC Köln ist an die Zweite Liga angepasst worden. Wir haben keinen Podolski mehr, keinen Petit oder Geromel. Aufgrund der Tradition, die der 1. FC Köln hat, ist trotzdem eine andere Erwartungshaltung da. Damit kommt noch nicht jeder Spieler vollends zurecht. Für Mannschaften wie Sandhausen ist es ein Highlight, gegen uns zu spielen. Daran muss man sich gewöhnen, auch das ist ein Prozess, man muss lernen, damit umzugehen.“ Nicht einverstanden ist er mit der Ansicht, dass zuviel Rotation auch das Kölner Spiel ein wenig zerstört hätte, da die Einspielmöglichkeit nicht gegeben war. Für Stani ist solch eine personelle Entscheidung nichts Außergewöhnliches: „Horn spielt immer, McKenna spielt immer, Maroh spielt immer, Brecko spielt immer. Es spielt Lehmann, wenn er fit ist, und Bröker, wenn er fit ist, auch Clemens und Chihi. Und Ujah. Wenn wir ein paar Positionen mal tauschen, wie es zum Beispiel mein werter Kollege Jupp Heynckes in München auch macht, ist das völlig normal. Jeder Spieler hat seine Qualität, die in unterschiedlichen Spielen gefordert ist.“
Kontrovers ist sicherlich die Personalie Milivoje Novakovic diskutiert worden, die auch vom FC-Trainer in Verbund mit der gesamten sportlichen Leitung und auch dem Präsidium mitgetragen worden ist. Dies kann der Übungsleiter bestätigen: „Das haben wir alle zusammen entschieden, von Anfang an. Wir haben uns zusammengesetzt und gesagt: Wir versuchen nur Entscheidungen zu treffen, die diesem Klub weiterhelfen. Die sportliche Leitung, die Co-Trainer, das Präsidium – alle zusammen.“
Immer wieder hat Stanislawski zuletzt gefordert, dass alles Erdenkliche unternommen werden müsste, dass der Relegationsplatz drei noch angegriffen werden soll. Nur sechs Zähler beträgt derzeit der Abstand auf den 1. FC Kaiserslautern, der zuletzt merklich geschwächelt hat. In den verbleibenden 15 Saisonspielen möchte Stanislawski jedes Spiel als eine Art Endspiel ansehen. Ersichtlich dürfte sein, dass die Kölner-Mannschaft durchaus das Potential für einen möglichen Aufstieg in die Bundesliga besitzt. Dies hat sie in den letzten Trainingswochen eindrucksvoll beweisen können. Stanislawski untermauert gegenüber dem „Kölner Stadt Anzeiger“ auch verbal seine Marschroute: „Genau, wir wollen schauen, dass wir so lange wie möglich eine Chance behalten, um den Relegationsplatz mitzuspielen. Dass der noch in Sichtweite gekommen ist, liegt daran, dass wir in den letzten 13 Spielen nur eine Niederlage hinnehmen mussten. Wir waren schon mal 13 Punkte hinter Lautern, jetzt sind es nur noch sechs.“


Informationen
Quelle: ksta.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln; Stanislawski; Ujah; Chihi; Clemens; Bröker; Lehmann; Brecko; Maroh; McKenna; Horn; Novakovic; Przybylko
Datum: 18.01.2013 20:13 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-1--fc-koeln--trainer-stanislawski-glaubt-fest-an-den-relegationsplatz-3704.html
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