13 Torschüsse für ein Tor: Der 1. FC Köln hat die Abschlusspanik


Der 1. FC Köln ist wieder mittendrin im Aufstiegskampf und weiß wahrscheinlich gar nicht so richtig, wie es dazu nur kommen konnte. Dieser 1:0-Sieg beim FC St. Pauli war reichlich zittrig und mit erheblichem Glück gesegnet, denn spielerisch war es von Kölner-Seite ein äußerst schwacher Auftritt am Hamburger Millerntor. Nicht nur in der Defensive musste manch unruhiger Moment überstanden werden. Auch in der Offensive gab es noch großes Steigerungspotential. In dieser Spielzeit hat der FC schon stattliche 337 mal auf das gegnerische Tor geschossen. Allerdings konnten davon nur 25 Stück verwertet werden, was für einen Aufstiegskandidaten deutlich zu wenig erscheint.

Bekanntlich ist der Fußball jedoch ein knallharter Ergebnissport und deshalb ist die kollektive Freude rund um das Geißbockheim auch absolut verständlich, denn mit diesem eminent wichtigen Dreier beträgt der Rückstand auf den 1. FC Kaiserslautern nun nur noch drei Punkte. Dennoch muss die Effektivität im Abschluss merklich gesteigert werden, möchte man auch bis zum Saisonende noch tatsächlich realistische Möglichkeiten im Aufstiegskampf besitzen. Der fünfte Tabellenplatz sieht auf den ersten Blick sehr erfolgsversprechend aus. Allerdings gibt es eine Vielzahl von anderen Teams, die schon mit einem Sieg am nächsten Spieltag das Team von Trainer Holger Stanislawski überholen können. Bei der Torausbeute sind sogar elf Teams besser als der Bundesliga-Absteiger, der 13 Torschüsse für einen Treffer benötigt. Damit ist einzig der FC St. Pauli in dieser Statistik noch schlechter. Die Hamburger haben stolze 17 mal für einen Torerfolg benötigt, was beim jüngsten Spiel gegen Köln auch explizit deutlich geworden ist.
FC-Torwart Timo Horn beklagt sich gegenüber der „Bild“: „Wir haben unfassbare Chancen weggeworfen.“ Auch sein Vorgänger und jetzige Vize-Präsident Toni Schumacher hat dieses Problem bereits erkennen können: „Unglaublich“, und er fügt vielsagend hinzu: „Wenn wir oben angreifen wollen, müssen wir die Dinger machen.“ Besonders im Fokus der Kritik stehen Kicker wie Maierhofer, Strobl oder auch Lehmann, wo selbst Paulis-Trainer Michael Frontzeck nicht allzu viel zu einfällt: „Fahrlässig.“ Und Stanislawski legt den Finger in die Wunde: „Wir haben die meisten Torschüsse der Liga und belohnen uns einfach nicht.“ Mit einem Torverhältnis von plus drei im Vergleich zu plus zwölf von Kaiserslautern kann gewiss zu den sechs aufzuholenden Zählern noch ein weiterer hinzugerechnet werden.
Im Gespräch mit dem „Express“ versuchte Stanislawski klare Worte zu finden, da dieses Manko im unerbitterlichen Aufstiegskampf möglichst schnell abgestellt werden muss. Deshalb teilt der meinungsfreudige gebürtige Hamburger mit: „Vielleicht machen sie das mit Absicht, um mich zu ärgern. Aber wenn sie so weitermachen, steh ich vielleicht irgendwann nicht mehr von dem Stuhl auf.“ Und er drückt seine Hoffnung in Worten aus, wenn er sagt: „Ich würde mir mal so ein Brustlöser-Spiel wünschen, in dem wir früh den Sack zu machen. Aber weil wir unsere Chancen nicht machen, müssen wir bis zur letzten Minute viel investieren – und laufen immer Gefahr, bestraft zu werden.“
Es hatte schon etwas von einem Kuriositätenkabinett, wie die Spieler des 1. FC Köln beste Möglichkeiten kläglich vergaben. Speziell Stefan Maierhofer überbot sich im Auslassen der Torchancen ein ums andere Mal. Deshalb übte der 30-jä
hrige Österreicher auch nach dem Spiel ein wenig Selbstkritik: „Wenn das hier 1:1 ausgeht, ist mein Gesicht noch länger, als es eh schon ist“. Und er gibt die Hoffnung nicht auf: „Ich hoffe, sie gehen in den wichtigen Spielen rein. Heute hat es ja gereicht.“ Auch Schumacher wollte den potentiellen Hoffnungsträger nicht gleich verdammen: „Maierhofer hat sehr viel versucht. Leider hat er die Chancen, die er sich erarbeitet hat, nicht genutzt. Das muss besser werden, aber das weiß er selbst am besten.“
Dennoch ist auch zwei Tage später völlig unklar, warum der FC nicht mit mehr Vehemenz auf den Ausgleich gedrängt hat. Der abermals schwache Matthias Lehmann hat dafür einen möglichen Grund erkennen können: „Es war die Hektik pur, wir haben uns anstecken lassen, man hat nicht gemerkt, dass wir einen Mann mehr waren. Wir haben die Konter nicht gut zu Ende gespielt. Wir hätten das Spiel viel früher entscheiden müssen. Wir hatten vier, fünf, sechs Konterchancen. Aber das war alles zu hastig, zu schnell, das war nicht gut.“ Sein Trainer hatte schon eine böse Vorahnung: „Mir war klar: Wenn wir hier den Ausgleich kriegen – bei dieser Stimmung – bei diesem Verlauf, dann kippt das, und wir verlieren.“ Und er sprach Klartext und nannte Probleme, die möglichst schnell gelöst werden müssen: „Klar ist: Wenn wir da oben angreifen wollen, dann müssen wir lernen, unsere Chancen zu nutzen. Sonst wird es schwer...“
Die Hoffnung vieler FC-Fans und auch Kölnaffinen Medienvertretern ging auf, als endlich einmal sich der Trainer dazu durchringen konnte mit den beiden Stürmern Stefan Maierhofer und Anthony Ujah zu agieren. Auch wenn das Duo keine ausgeprägte Eigenwerbung für sich betreiben konnte, so muss konstatiert werden, dass diese Variante durchaus Zukunftsfähigkeit besitzen dürfte. Dies hat auch Stanislawski so erkannt: „Nein, es bleibt eine Option. Wir hatten uns vor der Partie entschieden, dass wir mit Zielspielern in der Box arbeiten wollen. Das hat auch ganz gut geklappt – bis auf die Chancenverwertung.“ Für den Trainer war letztlich das Ergebnis entscheidend: „Aber wir haben gewonnen, beide haben viel investiert, und auch sie haben ihren Anteil am Sieg.“
Klar erscheint, dass im kommenden Spiel gegen den 1. FC Union Berlin mit einem weiteren Sieg der Druck auf Kaiserslautern erhöht werden muss. Bei einem Heimsieg kann zumindest temporär der Abstand auf nur noch drei Zähler verringert werden. Lautern muss am Montag beim starken Team von Hertha BSC antreten. Dort kann nicht unbedingt von einem Auswärtssieg ausgegangen werden. Köln muss seine eigenen Hausaufgaben erledigen. Dann könnte die Partie Anfang April am Lauterer Betzenberg eine ganz besondere Bedeutung für die Domstädter erhalten.


Informationen
Quelle: www.bild.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln; Stanislawski; Ujah; Maierhofer; Lehmann; FC St. Pauli; Frontzeck; Schumacher; Horn
Datum: 20.02.2013 17:43 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-13-torschuesse-fuer-ein-tor--der-1--fc-koeln-hat-die-abschlusspanik-4243.html
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