Der Fall Kevin Pezzoni: Wer spricht hier die Wahrheit?


Das größte Problem im Fall des Kevin Pezzoni ist ohne Frage, dass jeder, der auch nur in Ansätzen einen Bezug zum Fußball hat, sich diesem Thema annähern möchte. Leider gibt es auch eine enorm große Streuung hinsichtlich der gezielten Lösung eines Problems, welches nicht nur den 1. FC Köln betrifft, sondern vielmehr in der Gesellschaft verankert ist.

Leider Gottes ist der deutsche Journalismus in Zügen boulevardesk. Letztlich hat die Kölner Fanszene durch zugegebenermaßen nicht zu entschuldigende Taten von einzelnen Personen, mächtig Kritik einstecken müssen. Die Pauschalisierung durch traditionell angesehene Medien, die auf den Zug der „Schlagzeilenschlacht“ aufspringen, stimmt den geneigten Beobachter kritisch. Auch wenn der Autor dieses Textes sich ursprünglich einem sportlichen Aspekt beim Kölner Traditionsverein zuwenden wollte, so besitzt diese Thematik absolute Dringlichkeit, da zuletzt viel passiert ist.

So hat der enttäuschte Spieler in der „Welt am Sonntag“ harsche Kritik gegenüber seinem ehemaligen Verein geübt. Vor allem die fehlende Rückendeckung war ein Kritikpunkt. Nun hat sich der Verein in Form des scheidenden FC-Geschäftsführers Claus Horstmann zu Wort gemeldet. Im Volkswagen Doppelpass auf „Sport1“ wird Horstmann mit den Worten zitiert: „Kevin hätte keine Aufhebung unterschreiben müssen und sein Vater hätte keine Pressemitteilung freigeben müssen, wenn man der Meinung gewesen wäre, dass das nicht die richtige Lösung sei.“ Pezzoni hatte wörtlich argumentiert: „Der Vorschlag wurde vom Verein an mich herangetragen.“ Eine mediale Schlammschlacht, die nur Verlierer produziert. Zumindest die jüngste Äußerung vom Deutsch-Italiener kann und möchte Horstmann so nicht widersprechen: „Wer zuerst das Wort Vertragsauflösung in den Mund genommen hat, ist irrelevant.“

Der Vorfall, der in den bundesweiten Medien und auch in fußballfernen Bereichen thematisiert worden ist, war letztlich nur die Spitze des Eisbergs. Einige Fans, die den immer noch angesehenen Namen des einst und hoffentlich auch wieder bald ruhmreichen 1. FC Köln, mit egozentrischen Aktionen beschmutzen, sind es nicht würdig, den Geißbock auf ihrer Brust zu tragen. Werte, die die vielleicht toleranteste Stadt Deutschlands und auch der FC schon seit Jahrzehnten vorleben, welches vor allem in einer Akzeptanz und mit Respekt anderen Menschen gegenüber sich vorlebt, wurde in diesem Fall massiv verletzt. Spieler verbal und auch körperlich in solch einer Art und Weise anzugreifen, hat auch in der Fanszene tiefe Besorgnis ausgelöst. Beeindruckend und leider kaum medial in Erscheinung, war die Tatsache, dass der absolute Großteil der Fans sich gegen diese vereinzelten Chaoten gestellt haben und die Werte des FC absolut vorbildlich vorgelebt haben. Dies kam deutlich zu kurz. Auch für einen Pezzoni, der die Verunsicherung wöchentlich auf dem Platz demonstrierte. Nach diesen Vorkommnissen muss man den einen oder anderen Fehler auch relativieren können. Das Problem ist letztlich gewesen, dass aus Emotionen und Leidenschaft Wut und Aggressionen geworden sind, die das Negativimage über den 1. FC Köln nur noch verstärkt haben.
Auch FC-Fan Michael Kamm, der seine Leidenschaft bei den Cherusker Böcken in Detmold auslebt, ist „klamm“ hinsichtlich einer klaren Meinungsfindung: „Ich weiß gar nicht mehr was bei der Personalie Kevin Pezzoni wahr ist. Nach seinen Interview schütter er nachträglich Öl ins Feuer. Das ist mit seiner Enttäuschung begründet. Meine Hoffnung ist, dass er so schnell wie möglich einen neuen Verein findet, damit er endlich zur Ruhe kommt.“

Pezzoni gibt nun preis, dass das Ende der Zusammenarbeit durchaus ein „schwerer Schlag“ für ihn gewesen sei und er einen Wunsch gehabt hat, der sich jedoch nicht erfüllen konnte: „Ich hatte gehofft, dass die Verantwortlichen sich hinter mich stellen und versuchen, mich zu schützen.“ Die Vereinsseite sie
ht dies hingegen völlig anders. Der Finanzfachmann Horstmann hat im Doppelpass die Bemühungen seines Klubs vielmehr gelobt, indem er mit den Worten zitiert worden ist: „Der Klub hat sich sehr für Kevin eingesetzt und versucht, eine gute Lösung für ihn und seine Fußballkarriere zu finden.“ Und fügt in Bezug auf die erfolgte Vertragsauflösung noch hinzu: „In der Vertragsaufhebung haben wir uns noch großzügig gezeigt und sind mit aller Konsequenz gegen die Gewalttäter vorgegangen. Wir haben auch eine Abfindung bezahlt.“ Nach Aussage des umstrittenen Horstmanns gab es noch ein Dankeschön durch Kevin und seinem Vater per Kurznachricht. Einer muss lügen. Es ist aber nun völlig irrelevant die Wahrheit herauszufinden, dass es keine Gewinner in diesem Trauerspiel geben wird. Vielleicht hätte man sich in diesem Fall auch grundsätzlich zurückgehalten.

Gleichwohl möchte Horstmann allzu deutlich machen, dass er keineswegs vor den Tätern aufgeben wollte: „Wir haben den Vertrag nicht aufgelöst, um vor irgendwelchen Chaoten zu kapitulieren.“ Der mental durch die Vorfälle nicht mehr so stabile Pezzoni um eine Auszeit und eine Nichtnominierung für das Spiel gegen Energie Cottbus gebeten. Auch in diesem Fall gibt es wieder Einspruch von Pezzoni, der erklärt: „Für mich wirkt es so, als ob auf eine günstige Gelegenheit gewartet wurde, um mich loszuwerden.“ Und nennt einen sozial veranlagten Präsidenten des FC Bayern München als Wunschperson in dieser heiklen Situation: „Ich hätte mir jemanden wie Bayern-Präsident Uli Hoeneß gewünscht. Als die Bayern-Fans Manuel Neuer attackiert haben, hat Hoeneß sich vor ihn gestellt und für ihn gekämpft.“ Und Pezzoni stichelt weiter: „Mir wurde in einer ähnlichen Situation die Vertragsauflösung angeboten. Ich habe das Gefühl, es sollte ein unangenehmes Thema auf einfache Weise beendet werden.“

Auch dieser Aussage widerspricht Horstmann vehement: „Wir haben auf der Position nicht nachverpflichtet und haben eine Abfindung gezahlt. Wir haben hier keinerlei Vorteil für den 1. FC Köln erzielen können.“ Und auch der Verein 1. FC Köln lässt in einer Pressemitteilung ausrichten: „Nach dem uns bekannten Status der Ermittlungen ist der Angriff vermutlich auf private Beziehungsumstände zurückzuführen. Für einen Zusammenhang zwischen der Gewalttat und gewalttätigen Fans des 1. FC Köln, wie ursprünglich von Kevin Pezzoni behauptet, gibt es offensichtlich keine Hinweise.“ Diese auf der Vereinshomepage publizierte Äußerung spielt primär auf den Vorfall vom Februar diesen Jahres, als dem als Cowboy verkleideten Pezzoni mit einem gezielten Fausthieb das Nasenbein zertrümmert worden ist.

Reichlich Spekulationen streute Kölns Kaderplaner Jörg Jakobs, der gegenüber dem „Kölner Stadt Anzeiger“ mitteilte: „Die ganze Geschichte hat einen speziellen Verlauf. Ob wir den schildern, wird man sehen. Auch, ob das der ganzen Sache dienlich ist.“ Der Verein wehrt sich derzeit und muss die Aussagen von Pezzoni kommentieren. Auch wenn das eklatante und teilweise auch asoziale Verhalten der Kölner Fans scharf zu verurteilen ist und die Täter möglichst hart und angemessen bestraft werden müssen, so muss Pezzoni nun immer mehr realisieren, dass der Zeitpunkt und auch der Inhalt maximal suboptimal gewesen sind. Ein gutes Zeichen ist zumindest, dass über den 1. FC Köln gesprochen wird. Ein Zustand, von dem so mancher Erstligist der Kategorie Hoffenheim, Fürth und Augsburg nur träumen können. Nur die Inhalte dürften demnächst durchaus positiverer Natur sein.


Informationen
Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln; Pezzoni; Horstmann
Datum: 09.09.2012 20:37 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-der-fall-kevin-pezzoni--wer-spricht-hier-die-wahrheit--2171.html
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