Ex-1860 München-Spieler Thomas Miller über Investoren-Streit: „Das war wieder typisch Sechzig“


Am heutigen Sonntag ist Zweitligist TSV 1860 München ins Trainingslager in die Türkei geflogen. Der Ärger soll vergessen werden, denn zuletzt geriet der bayrische Traditionsverein durch Streitigkeiten zwischen dem jordanischen Investor und der Führungsetage des Verein in die bundesweiten Schlagzeilen. Endlich soll Ruhe einkehren beim Aufstiegskandidaten aus der 2. Liga. Immerhin gab es zuletzt eine kleine Annäherung, die erkannt worden ist. So gab es versöhnliche Worte durch den zuvor noch sichtlich aufgebrachten Gönner Hasan Ismaik, der gegenüber der „Bild“ zuletzt erklärte: „Ich will mit 1860 Erfolge feiern und Schneider doch auch. Deshalb werde ich auch weiterhin die Zusammenarbeit mit ihm versuchen.“

Für einige aufmerksame Beobachter dieser Szenerie war dieses Problem schon vorher erkennbar, denn ein solches Investment von einem Ausländer, dem keine besonders hohe Identifikation zum Verein nachgesagt wird, hat ein extrem hohes Risiko dargestellt. Dies hat auch ein langjähriger Spieler des TSV 1860 München erkannt, der sich nun gegenüber „sport1.de“ zu den Verhältnissen bei den Löwen äußert. Thomas Miller ist schon immer kompromisslos gewesen. Ob auf dem Platz oder auch daneben hat der mittlerweile 49-jährige ehemalige Abwehrspieler stets für Klarheit gesorgt. Zwischen 1989 und 1997 kickte Miller in 436 Begegnungen für die „Blauen.“ Nun redet er Klartext in Bezug auf seinen alten Verein. Er drückt sein Hoffnung in Worte aus, wenn er sagt: „Das war wieder typisch Sechzig. Ich hoffe, dass jetzt endlich mal eine professionelle Zusammenarbeit zwischen dem Verein und dem Investor stattfindet.“

Über die Tatsache, dass dies bisher nicht so erfolgreich verlaufen ist, hat er ebenfalls schon einen möglichen Grund ausfindig gemacht: „Weil von Anfang an kein Vertrauensverhältnis von beiden Seiten da war. So etwas muss aufgebaut werden und wachsen. Man hat sich nicht oft miteinander getroffen und ich hoffe jetzt, dass jedem klar ist, dass man nur Erfolg hat, wenn man professionell zusammenarbeitet.“ Diese Zusammenarbeit schien zu Beginn sehr harmonisch zu sein, da vor allen Dingen klar gewesen ist, das bei der in Deutschland üblichen 50 + 1 Regelung es zu keinen gewaltigen Konflikten kommen sollte. Miller möchte nicht explizit den vielfach kritisierten Jordanier als den Grund des Ärgers betrachten. Vielmehr sieht er Fehler, die von Verein und Investor gemacht worden sind, wie er „sport1.de“ anvertraut hat: „Beide Seiten. Das war bis jetzt amateurhaft und peinlich. So darf es nicht weitergehen. Ich wiederhole mich da gerne. Entscheidend ist, dass man endlich professionell miteinander umgeht. Sonst wird das nie etwas bei Sechzig.“

Einige, alteingesessene Löwen-Anhänger sehen das Investment von Ismaik sehr kritisch und vermuten, dass Ismaik den Verein als eine Art Spielzeug ansieht, zu welchem er keinen besonderen Bezug hat. Dieser Mär widerspricht Thomas Miller aber scharf und deutlich, wenn er erklärt: „Auch er hat einiges zu verlieren und kann sich seinen Namen kaputtmachen. Ganz so leicht ist das nicht für ihn. Er findet es bestimmt nicht so angenehm, wenn bei ihm zuhause gesagt wird: "In Europa hast du ja nur Mist gemacht." Das ist schon auch für den Herrn Ismaik ein persönliches Ding, das laufen muss.“ Auch die fehlende Konstanz in seiner Meinung hat ihm mächtig Kritik eingebracht. Miller verlangt vom 36-jährigen Jordanier: „Er sieht selber ein, dass es so nicht geht. Das war bisher kein Ruhmesblatt für ihn. So will keiner aufhören, auch ein Herr Ismaik nicht. Alle sollen sich gefälligst zusammenreißen.“

Gleichzeitig ist Miller auch nicht überzeugt davon, dass Ismaik den Verein in dieser prekären Situation im Stich lassen könnte. Vielmehr sieht er noch personellen Handlungsbedarf, den er positionstechnisch auch konkret nennt: „Der wird nicht aussteigen, weil so keiner den Hof verlässt. Da macht er sich seinen eignen Namen kaputt und da ist er schlau genug das nicht zu tun. Das wichtigste ist jetzt, dass ein fertiger Stürmer her muss.“ Eine seh
r hohe Meinung hat der ehemalige Defensivspieler von 1860 über den slowakischen Nationalspieler Erik Jendrisek, der derzeit beim Bundesligisten SC Freiburg unter Vertrag steht und dort nicht so regelmäßig zum Einsatz kommt. Der Ex-Spieler rät dem Verein, dass eine Verpflichtung angestrebt werden sollte: „Absolut! Den würde ich sofort holen. Das ist ein sehr guter Stürmer, der Kaiserslautern schon zum Aufstieg geschossen hat (2009/2010, Anm. d. Red.). Mir bringt kein Stürmer aus der 3. Liga etwas. Ich bin der Meinung, dass Jendrisek kommen muss, wenn man nochmal Platz drei angreifen will. Ein Mickaël Pote von Dresden oder Frankfurts Olivier Occean würden auch helfen. Es darf nicht am Geld scheitern.“ Damit sieht Miller selbstverständlich auch Ismaik in der Verantwortung, der sein Geld für eine gezielte Verstärkung einsetzen soll.

Bekanntlich ist Fußball ein Tagesgeschäft. Der Fokus liegt auf der Gegenwart und mit einer vernünftigen Vorbereitung kann ein Stimmungsumschwung her. Deshalb ist Miller nicht der Meinung, dass dieser unrühmliche Machtkampf für dauerhaften Schaden sorgen wird: „Da wurde sich nicht mit Ruhm bekleckert und es war ganz schlecht für das Image des Vereins. Aber im Fußball geht es so schnell. Wenn du erfolgreich bist, dann ist das, was war, schnell vergessen. Wenn es wieder Siege zu feiern gibt, dann läuft der Laden wieder und es ist Ruhe im Verein. Das geht bei Sechzig so schnell.“

Der klare Fokus sollte auf die sportlichen Themen gelenkt werden. Fünf Punkte ist der Relegationsplatz drei entfernt. Miller glaubt jedoch, dass nur bei vernünftigen Neuzugängen auch tatsächlich der Sprung auf den begehrten Platz am Saisonende gelingen kann: „Ohne Verstärkungen nicht. Ein Stürmer und ein Außenverteidiger müssen her. Fünf Punkte auf Platz drei sind bei der Drei-Punkte-Regel gar nichts. Die kann man locker aufholen. Aber nicht mit Amateuren , sondern mit richtigen Profis. Jeder soll sich ein Beispiel nehmen an Daniel Bierofka, Benny Lauth, Guillermo Vallori und Gabor Kiraly. Ohne Benny würden wir in dieser Saison einige Punkte weniger auf dem Konto haben.“

Sehr unschön verlief der Machtkampf, der auf dem Rücken von Trainer Alexander Schmidt ausgetragen worden ist. Besonders häufig ist Ende des Jahres der ehemalige, englische Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson als neuer Hoffnungsträger in den bundesweiten Gazetten diskutiert worden. Das unfreiwillige Opfer dieser medialen Berichterstattung ist zweifelsfrei Alexander Schmidt gewesen, dem von Investorenseite kein Vertrauen entgegengebracht worden ist. Einzig und allein der Erfolg kann die Position des langjährigen Nachwuchstrainer stärken. Dies macht auch Miller gegenüber „sport1.de“ deutlich: „Wenn du Erfolg hast, bleibst du, wenn nicht, musst du gehen. So einfach ist das. Ich würde weiter mit Schmidt arbeiten. Er kennt sich in der Liga aus. Er muss sich aber noch bewähren, soll nur ein hartes Training durchziehen, dann ist der Aufstieg noch möglich.“ Miller ist ein Sechziger durch und durch. Dies lässt er auch in diesem Gespräch deutlich werden, indem er gezielte Kritik übt, aber gleichzeitig auch deutlich macht, wie sehr ihm dieser Verein noch am Herzen liegt. Das Potential des Vereins hat er erkannt. Vielleicht möchte er durch diese klaren Worte dieses auch erst hervorholen.


Informationen
Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: TSV 1860 München; Schmidt; Miller; Ismaik; Eriksson; Lauth; Kiraly; Jendrisek; Poté; Occean; Bierofka; Vallori
Datum: 13.01.2013 17:28 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-ex-1860-muenchen-spieler-thomas-miller-ueber-investoren-streit--„das-war-wieder-typisch-sechzig“-3612.html
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