FC Geschäftsführer Claus Horstmann: „Poldi-Transfer hat sich nicht gelohnt“


Noch nie in der nunmehr 64-jährigen Vereinsgeschichte hat der 1. FC Köln einen solch gravierenden Personalwechsel hinnehmen müssen. Alles wurde verändert. Ob im Trainerteam, in der Führungsetage und nicht zuletzt im Spielerkader. Ein Umbruch, der bitter nötig ist, denn erst jetzt kommen die zahlreichen Fehler zutage, die in der Vergangenheit auf geradezu eklatante Art und Weise naiv begangen worden sind.

Die schlimmsten Fehlentscheidungen sind höchstwahrscheinlich noch gar nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Der FC hat sich ohne Frage sein eigenes Grab geschaufelt, in welches er nun nicht stürzen möchte. Eine vielmals spekulierte Insolvenz und der damit einhergehende Niedergang in den Amateurfußball der Viertklassigkeit käme einem Todesurteil gleich. Da wir jedoch nicht boulevarddesk werden wollen, versuchen wir ein wenig Hoffnung zu verbreiten. Dieses Vertrauen hat die Mannschaft auch verdient, denn nun erkennt man endlich wieder, dass Kampf, Einsatz und Leidenschaft durchaus vorhanden sind bei einem Team, welches oftmals auch als „Wundertüte“ bezeichnet wird.
Der Spagat kann schmerzhaft werden, dürfte jedoch auch eine gewisse Chance bieten. Es geht in der bald beginnenden ersten Zweitliga-Saison seit fünf Jahren darum, dass sowohl die sportlichen Ziele als auch die wirtschaftliche Konsolidierung in Einklang gebracht werden kann. Auch der neue Trainer Holger Stanislawski, der zugleich die Position als Hoffnungsträger voll und ganz ausfüllt, kann diesen „neuen 1. FC Köln“ noch nicht richtig einschätzen, wenn er gegenüber dem „stern“ erklärt: „Ganz ehrlich, der neue FC ist auch für mich eine Art Wundertüte. Ich denke, wir haben eine interessante Mischung, viele Spieler, die noch nicht so zeigen konnten, was in ihnen steckt.“
In den letzten Jahren hat der FC sichtbar unter einem Minderwertigkeitskomplex gelitten. Anders ist es nicht zu verstehen, dass sportliche Auslaufmodelle und „Söldner“ wie Maniche, Ionita und Wome verpflichtet worden sind. Sportlich hat Köln schon seit 20 Jahren nicht mehr viel gerissen. Das Potential in den Bereichen Stadt, Fans, Stadion und Wirtschaft ist enorm. Das Konzept des ehemaligen Kremer-Klubs ist häufig naiv und wenig durchdacht gewesen. Das Risiko hat den Realismus gefressen. Franz Kremer würde sich bestimmt im „Grabe umdrehen“, wenn er solch einen Dilettantismus mitverfolgen müsste. Besonders Meier rückt immer mehr in den Fokus der Kritik, denn seine Personalpolitik kann nur zum kollektiven Kopfschütteln aufrufen. Hohe Grundgehälter, wenig Leistungsprämien. Teams wie Nürnberg, Mainz und Freiburg, die einen schlechteren Kader zur Verfügung hatten, versuchen durch die Konzentration auf die Punkteprämie den Ehrgeiz der Spieler zu wecken.
Nicht so der FC, der mit dem Zukauf von Spielern, die offensichtlich ihren Zenit überschritten haben, mediale Beachtung erwirken wollte. Vielleicht kann dieser Abstieg auch ein Segen für einen Verein sein, bei dem zu lange alles unter den Teppich gekehrt worden ist. Nun hat man anscheinend verstanden, wenn man auf den eigenen
Nachwuchs setzen möchte. Allerdings gab es jüngst auch wieder erhebliche Zweifel am neuen Konzept des Domstadtklubs, als publik wurde, dass hoffnungsvolle Spieler wie Buchtmann, Yabo und Basala-Mazana abgegeben werden soll.
Nun hat sich FC-Geschäftsführer endlich auch einmal in der „Sport Bild“ zu Wort gemeldet und den Transfer von Lukas Podolski zu erklären versucht, indem er sagte: „Als der Verein Lukas zurückgeholt hat, ging es um Emotionen, um die Identifikationsfigur der Kölner. In der Phase war das ein wohlbedachter Transfer.“ Klare Worte spricht der eloquente Wirtschaftsfachmann, wenn er hinzufügt: „Aus heutiger Sicht hat sich der Transfer nicht gelohnt, nicht etwa, weil Lukas nicht seine Leistung gebracht hätte, sondern einfach, weil man die Mannschaft drum herum nicht auf dieses Niveau bringen konnte.“
In diesen Tagen versuchen sich die Kölner auf das erste Zweitliga-Spiel bei Eintracht Braunschweig vorzubereiten. Erfahrung wurde abgegeben. Einerseits wegen der oftmals enttäuschenden Vorstellungen in der miserablen Rückrunde und andererseits, weil man das stattliche Gehalt künftig einsparen möchte. Das erklärt auch Stanislawski, wenn er sagt: „Wir können uns diese Gehälter schlicht nicht mehr leisten“
Spielen die FC-Youngsters eine passable Saison und zeigen die Primärtugenden Kampf, Leidenschaft und Einsatzwillen, dann hat sie das treue Publikum hinter sich. Der mentale Druck wird eine große Bedeutung haben, denn die Medienstadt Köln mit ihren 1 Millionen Einwohner möchte so schnell wie möglich wieder zurück in ihre sportliche Heimat: Die Erstklassigkeit.
„Stani“ ist ein Malocher, der die wichtigen Tugenden selbst auch vorleben kann und als perfekter Motivator gilt. Er passt auch eher zu einem Traditionsverein wie Köln als zu einem identitätssuchenden Klub wie es die TSG 1899 Hoffenheim darstellt. Deshalb sieht er auch die große Chance, die sich nun bietet: „Wir haben gute entwicklungsfähige Spieler. Wir sind im Neuaufbau, und das ist gut so wie es ist.“ Gleichzeitig macht der 16.Trainer seit 2000 den vielen Talenten auch klar: „Hier bekommt keiner für sechs Monate so eine Art Welpenschutz.“
Den direkten Wiederaufstieg zu fordern, wäre beim vorhandenen Personal vermessen. Die Absteiger aus Berlin und Kaiserslautern werden höher eingeschätzt. Trotzdem besitzt Köln einen ausgezeichneten Ruf. Viele wünschen sich eine möglichst schnelle Rückkehr ins Oberhaus. Horstmann versucht vor dem Braunschweig-Spiel die Erwartungen bewusst zu senken, indem er der „Sport Bild“ sagt: „Wenn alles gut läuft, mag der Aufstieg rauskommen. Aber wir lassen uns nicht hetzen.“


Informationen
Quelle: stern.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln; Stanislawski; Horstmann; Maniche; Ionita; Wome; Podolski
Datum: 01.08.2012 16:49 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-fc-geschaeftsfuehrer-claus-horstmann--„poldi-transfer-hat-sich-nicht-gelohnt“-1069.html
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