Ingolstadt hat die Vision, aber keine Tradition


In diesen Tagen gibt es eine neue Tendenz im deutschen Profifußball zu beobachten. Viele Traditionsvereine haben sportliche und finanzielle Probleme. Aus den ersten beiden Ligen stiegen mit Hertha, Köln, Kaiserslautern, Karlsruhe, Aachen und Rostock wahre Zuschauermagneten ab, die zudem über eine enorme Tradition verfügen. Stattdessen steigen mit Teams wie Greuther Fürth, Sandhausen, Aalen und Regensburg Teams auf, die eben dies völlig vermissen lassen, dafür aber Visionen haben. Die Einfache Formel lautet: Vision schlägt Tradition. Ingolstadt dient dafür als perfektes Beispiel. Sportdirektor Thomas Linke gibt einen Einblick, was er mit dem FCI in den nächsten Jahren noch so vor hat.

Nach einem halben Jahr zieht der ehemalige Bayern-Profi Linke ein Fazit über seine bisherige Zeit in Oberbayern. Dies fällt durchaus gut aus, wie er zugibt: „Auf jeden Fall positiv. Trainer Tomas Oral und ich haben die Mannschaft in einer schwierigen Phase mit nur neun Punkten und wenig Selbstvertrauen übernommen. Sie hat unsere Vorgaben schnell umgesetzt, einen guten Teamgeist entwickelt und den Klassenerhalt letztlich geschafft.“

Über die Arbeit von seinem Mitstreiter Oral findet er nur positive Worte, auch wenn seine Trainerwahl von vielen Beobachtern im Ingolstädter Umfeld kritisch gesehen wurde. Einige bemängelten den fehlenden Glamoureffekt, andere prangerten seine starke Emotionalität kritisch an. Letztlich hat Oral sein Ziel erreicht. Der Klassenerhalt ist geschafft und mit guten, gezielten Transfers möchte der Audi-Verein mittelfristig sogar die Bundesliga anstreben. Für Linke ist Oral ein Glücksfall, wie er dem „kicker“ erklärt: „Seine Vita hat mich schon bei der Trainersuche beeindruckt, zudem kenne ich ihn aus Leipzig. Ich wollte einen Trainer, der den Klassenerhalt schafft, mit dem der Verein dann aber auch den nächsten Schritt gehen kann. Die Entscheidung war rückblickend sehr gut“, drückt er große Zufriedenheit aus.

Realismus war immer schon eine Stärke des ehemals beinharten Verteidigers. Er weiß auch, dass Ingolstadt noch im Bereich der Infrastruktur und vor allem im Zuschauerinteresse noch erheblich Luft nach oben besitzt. Seine Idee, um dieses Manko zu verbessern: „Wir sind ein recht junger Verein, haben erst drei Jahre in dieser Liga hinter uns. Im ersten Jahr gab es den direkten Wiederabstieg. Die beiden letzten verliefen quasi identisch: schlechte Hinrunde, Klassenerhalt dank starker zweiter Halbserie. Uns würde es gut tun, den Klub nun zu konsolidieren und in der Liga zu etablieren.“

Daher ist das Ziel für die anstehende Spielzeit auch eher vorsichtig gewählt. Man weiß um die Konkurrenz: „Eine sorgenfreie Saison zu
spielen. Wir wollen nichts mit dem Abstieg zu tun haben und möglichst attraktiven Fußball anbieten.“ Über die Neuzugänge erklärt er: „Sie werden uns qualitativ deutlich besser machen. Bei Eigler spielten auch glückliche Umstände eine Rolle, seine Nähe zur Heimat beispielsweise. Trotzdem muss man so einen Spieler erst einmal für unseren Verein begeistern können und er muss sich damit identifizieren.“

Angesprochen auf die große Konkurrenz aus dem eigenen Bundesland Bayern, wo in der Liga auch noch Regensburg und 1860 München mitkicken, versucht Linke einen Bereich zu finden, mit dem die Zuschauer in den Audi-Sportpark gelockt werden können: „Mit attraktivem Fußball. Klar, alles bei uns muss noch wachsen, wir wollen ein neues Funktionsgebäude und bessere Trainingsplätze bauen. Aber mit unserem neuen Stadion haben wir schon ein Schmuckkästchen. Wir sind kein Verein mit Tradition, dafür einer mit Vision.“

Über einen möglichen Bundesliga-Aufstieg möchte er sich noch nicht konkret äußern, deutet jedoch an: „Jeder will doch irgendwann mal dort spielen, auch wir, das haben wir so auch schon formuliert. Nur: Im Moment denken wir nicht über den Aufstieg nach, wir sollten nur in ruhige Fahrwasser gelangen. Wir tun gut daran, von Jahr zu Jahr zu schauen und uns nur auf die nächste Saison zu konzentrieren.“

Auf das geringe Zuschauerinteresse angesprochen, hat er eine besondere Idee, die er mit einer gezielten Nachwuchsförderung verfolgt: „Auch hier geht es am meisten über attraktiven Fußball. Über unsere Fußballschule, die zweitgrößte in Deutschland, wollen wir Kinder für unseren Verein begeistern. Und die Kinder üben großen Einfluss darauf aus, was die Eltern machen.“

Die Vorfreude auf die kommende, spannende Zweitliga-Saison lässt er sich entlocken. Freudig sagt er: „Sie wird spannend und interessant, dank Köln, Kaiserslautern oder Hertha werden die Zuschauer strömen. Und die Leistungsdichte wird wieder enorm sein.“


Informationen
Quelle: kicker.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC Ingolstadt; Linke; Oral
Datum: 30.05.2012 20:26 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-ingolstadt-hat-die-vision--aber-keine-tradition-969.html
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