Ingolstadt-Sportdirektor Linke: „Ich bin keiner, der sich versteckt“


Rund anderthalb Wochen ist der FC Ingolstadt im Trainingslager im türkischen Belek gewesen und ist nun in die Heimat zurückgekehrt. Auch FCI-Sportdirektor Thomas Linke war in der Türkei live vor Ort, damit er die Spieler besser kennerlernt und gemeinsam mit Trainer Tomas Oral das Team auf die anstehenden Aufgaben einschwören kann. Im Gespräch mit dem „Donaukurier“ nimmt der 43-Jährige Stellung zu einigen relevanten Themen.

Punkt und torgleich steht der FC Ingolstadt mit dem 1. FC Köln auf dem neunten Tabellenplatz. Mit 26 Zählern und einem Torverhältnis von 22:21 haben die „Schanzer“ einen soliden Mittelfeldplatz nach 19 Spieltagen belegt. Allerdings muss auch noch berücksichtigt werden, dass der Aufstieg auch weiterhin noch möglich erscheint, denn der Abstand auf Relegationsplatz drei beträgt nur sechs Zähler. Linke fordert ein positives Ergebnis aus dem Auftaktspiel gegen den FSV Frankfurt: „Das, was ich gesehen habe, war ganz ordentlich. Jetzt kommt es darauf an, dass sich die Mannschaft auf den Punktspielstart gegen den FSV Frankfurt konzentriert. Es ist wichtig, dass sie gut aus der Winterpause kommt.“

Bis auf Torhüter Ramazan Özcan wurde noch keiner der Verträge verlängert, die am Saisonende auslaufen werden. Dies werden immerhin 14 Stück sein. Dennoch möchte der Ex-Bayern-Spieler nichts von einem gewaltigen Umbruch wissen, wie er dem „Donaukurier“ erklärt hat: „Das wird sicher nicht passieren. Wir haben einen vernünftigen Kader, aber wir müssen sehen, wie wir in Zukunft weiter gehen möchten. Danach werden wir entscheiden. Unsere Spieler sind sicher die ersten Ansprechpartner. Ich muss ja bei dem einen oder anderen Spieler auch reinhören, ob er überhaupt bleiben will. Diese Gespräche werden jetzt im Januar und Februar geführt.“

Besonders brisant gestaltet sich die Personalie von Spielführer Stefan Leitl, da ihm nach einer abermals glänzenden Hinrunde offeriert worden ist, dass er nach seiner aktiven Karriere einer Aufgabe im Verein nachgehen darf. Auch als Profi besitzt der offensive Mittelfeldmann durchaus noch eine Perspektive, wie Linke bekannt gibt: „Da haben wir ja schon einige Gespräche geführt. Er weiß, dass er bei uns in jedem Fall eine Zukunft hat.“ Und wird diesbezüglich noch ein wenig konkreter: „Das entscheidet sich in den nächsten Monaten. Wenn man als Spieler in einem gewissen Alter ist, sollte man kurzfristig planen und sehen, ob man körperlich noch so fit ist, dass man weiterspielen und weiterhelfen kann. Wir tauschen uns da ständig mit ihm aus.“

Auf einzelne Personalien möchte Linke nicht näher eingehen. Vielmehr steht für ihn im Fokus, dass die Spieler mit auslaufenden Verträgen explizit die Situation in der Rückrunde dazu nutzen werden, um Eigenwerbung zu betreiben. Gleichzeitig jedoch auch den mannschaftlichen Erfolg als Priorität sehen: „Alle haben die Möglichkeit sich zu zeigen. Wir glauben an die Spieler. Jetzt geht es darum, Gespräche anzugehen, aber auch vernünftig in die Punktrunde zu starten, damit wir unsere Ziele erreichen.“ Die wird auch für Florian Heller gehen, der in der bisherigen Serie noch keine allzu bedeutende Rolle gespielt hat, jedoch zuletzt ein Aufwärtstrend bei ihm erkennbar gewesen ist: „Wir sind in der Vorbereitung, da geht es von neuem los. Flo war in den letzten beiden Spielen vor der Pause in der Stammformation. Nachdem er im Sommer weiter weg war von der Mannschaft, hat er sich wieder herangekämpft.“

Ein echter Goalgetter, der die nicht gerade vor Torgefahr strotzende FCI-Offensive durchaus verstärken könnte, wäre U23-Spieler Karl-Heinz Lappe, der das Potential mitbringen würde. Immerhin hat er in der Regionalliga Bayern bereits 21 Treffer markieren können. Für Linke stellt er dennoch keine ernsthafte Alternative für den Profikader dar, auch wenn er die Trefferanzahl durchaus bemerkenswert findet: „Wir haben im vergangenen Jahr entschieden, dass wir nicht mit ihm in der ersten Mannschaft planen. Was man bei ihm wirklich sagen muss, er hat wieder seine Tore gemacht. Chapeau!“ Und das weitere Vorgehen beschreibt der Sportdirektor wie folgt : „Wir haben ja jetzt mit Akaichi einen Stürmer verkauft. Dadurch ist ein Platz frei geworden. Der Trainer hat gesagt, dass er den Kalle mitnimmt, weil er ihn sich im Trainingslager anschauen will. Wie er weiter mit ihm plant, ist Trainersache.“

Bekanntlich hat der FC Ingolstadt durch den großzügigen Hauptsponsor Gelder zur Verfügung, die auch im Hinblick auf das mittelfristige Ziel Bundesliga, investiert werden sollen. Möglicherweise könnten sich äußerst lukrative Wechsel ergeben, wie der 43-Jährige gegenüber dem „Donaukurier“ bekannt gibt: „Im Moment bin ich noch etwas in der Schwebe. Ich weiß nicht genau, welches Budget ich für den Profibereich zur Verfügung habe. Da wird demnächst eine Entscheidung getroffen. Wir werden jetzt aber nicht hergehen und sagen, wir müssen nächstes Jahr in die Bundesliga, soweit sind wir als Verein noch nicht.“

Besonders der Konkurrenzkampf soll deutlich verbessert werden, damit auch die Leistungsfähigkeit im gesamten Kader deutlich höher werden kann. Deshalb soll zukünftig primär eine Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spielern geschaffen werden, womit die Mannschaft eine glänzende Perspektive besitzt. Dieses Konzept versucht auch Linke zu erklären: „Das werden wir von Fall zu Fall entscheiden. Wir wollen auf jeder Position eine Konkurrenzsituation schaffen. Das war auf der linken Verteidigerposition bisher nicht der Fall. Aus meiner Sicht macht es dann schon Sinn, wenn man einen jungen und einen erfahrenen Spieler hat. Dann muss man als Trainer sehen, dass man die Mannschaft optimal zusammenstellt.“

Bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass häufig Drei-Jahres-Verträge abgeschlossen werden. Über den Grund für dieses Vorgehe
n auch im konkreten Fall von Ramazan Özcan kann Linke beurteilen: „Ramazan Özcans Vertrag läuft bis 2016. Von ihm sind wir total überzeugt, er fühlt sich 100-prozentig wohl bei uns. Warum soll ich ihm dann nur einen Jahresvertrag geben? Bei Soares ist es so, dass der Spieler großes Potenzial hat, wir wissen aber auch, dass er eine gewisse Eingewöhnungszeit braucht, wenn er nach Deutschland kommt. Denn das Niveau der österreichischen 2. Liga differiert schon zur deutschen. Soares hat Stärken, aber auch Schwächen, da muss er sich erst anpassen. Aber die Zeit werden wir ihm geben.“

Besonders der junge Soares ist ein äußerst interessanter Spieler. Linke nennt die Gründe für diesen Transfer: „Die Position ist nicht so einfach zu besetzen. Wir haben im Sommer bewusst auf dem deutschen Markt geschaut, aber von den Kandidaten auf unserer Liste war keiner verfügbar. Danilo haben wir sehr oft beobachtet, ich habe ihn selbst auch gesehen. Er bringt alles mit, was man auf dieser Position braucht und hat das passende Alter.“

Wie schon eingangs erwähnt, hat der FC Ingolstadt durch die enge Bindung zum Partner Audi bessere Finanzmöglichkeiten als ein Großteil der Zweitligakonkurrenz. Deshalb kann das Geld auch sinnvoll in etwas teurere Spieler angelegt werden, die auch die Mannschaft weiterbringen können. Dennoch ist der Etat für die nächste Spielzeit noch nicht festgelegt worden. Linke kann zu dieser Thematik nur soviel sagen: „Ich warte auf ein Zeichen der Geschäftsführung. Sie ist ja in ständigem Austausch mit unseren Partnern.“

Bewusst versucht der erfahrene Linke den Druck von der Mannschaft zu nehmen, indem er die Bundesliga nicht als klare Zielsetzung definiert. Vielmehr legt er den Fokus auf andere Themen, wenn er klar darstellt: „Nein, das steht überhaupt nicht zur Debatte. Wir sind absolut noch nicht so weit um oben anzugreifen. Wir wollen weitere Schritte machen. Der Kader in diesem Jahr ist schon qualitativ besser als im vergangenen. Wir müssen schauen, dass wir die Möglichkeiten ein Stück weit verbessern, aber auch die Kontinuität im Verein wahren, die man für eine Entwicklung braucht. Man kann nicht jedes Jahr einen Rundumschlag machen.“

Statt vom Aufstieg zu reden, wurde eher ein spielerischer Fortschritt als klare Maßgabe definiert. Auch in der Erfüllung dieser Aufgabe hat Linke noch Steigerungspotential erkannt: „Wenn man das erste Spiel sieht gegen Cottbus, dann war das für mich unser bestes Saisonspiel. Da haben wir den Fußball gespielt, den ich mir, den sich der Trainer und auch die Zuschauer wünschen. Leider haben wir es mit dem 2:2 nicht geschafft, das Spiel zu gewinnen. Nach dem 1:1 in St. Pauli hatten wir mit Aalen und Frankfurt zwei Spiele, bei denen unser Selbstvertrauen wieder in den Keller ging.“

Der meinungsfreudige und auch in der Kommunikation kompromisslose Linke benennt die vorhandenen Defizite klar und deutlich, wenn er sagt: „Die Spiele haben aufgezeigt, welche Schwächen wir noch haben. Aber die hat, glaube ich, fast jede Mannschaft in der Liga. Es ist nicht so einfach, tief stehende Gegner zu bespielen. Wir haben es nicht geschafft, die ersten beiden Spiele so zu nutzen, dass wir das Selbstvertrauen und die Überzeugung mitgenommen hätten, diese Linie durchzuziehen. Darum haben wir nach den beiden Spielen gegen Aalen und Frankfurt einen Schritt zurück gemacht, standen selbst wieder tief, und haben es geschafft, erfolgreich zu sein. Später haben wir in Cottbus oder Braunschweig wieder sehr gut gespielt. Zu Hause gegen Sandhausen und Aue gab es dagegen viel Leerlauf. Da müssen wir uns in der Vorbereitung wieder festigen und weitere Schritte machen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen.“

Besonders die mentale Komponente ist eine wichtige Tugend, damit zukünftig auch tatsächlich der Aufstieg in die Bundesliga oder zumindest eine klare Steigerung im spielerischen Bereich zu feiern ist. Auch dies hat sich Linke zum klaren Ziel gesetzt: „Das erhoffen wir uns. Aber das hängt viel mit dem Selbstvertrauen der Spieler zusammen. Sobald eine Mannschaft in die Situation kommt, offensiver spielen zu müssen, tut sie sich schwer. Nur wenige Mannschaften, die eine Qualität wie Hertha BSC haben, können den Gegner permanent bespielen und sich auch auf engem Raum Chancen erarbeiten. Das ist ein weiter Weg.“

Ruhig und mit hoher Akribie verfolgt Linke als Sportdirektor des ambitionierten FC Ingolstadt seine Ziele. Als Lautsprecher fällt er jedoch nicht auf, was er auch nicht möchte. Denn vielmehr hat er sich zum Ziel gesetzt, dass er möglichst authentisch erscheint, wie er dem „Donaukurier“ verraten hat: „Ich bin so. Ich denke, dass das eine vernünftige Art ist, zu arbeiten. Für das Tagesgeschäft ist der Trainer zuständig. Ich bin für die Kaderplanung da und um den Trainer zu unterstützen. Ich muss nicht mein Gesicht ständig in der Öffentlichkeit zeigen. Da würde ich mich eher verstellen.“ Dennoch möchte er vielmehr die sportliche Seite mit Mannschaft und Trainer im absoluten Fokus sehen. Er sieht sich eher als Arbeiter im Hintergrund, der die Voraussetzungen für den Erfolg schaffen kann: „Ich bin keiner, der sich versteckt. Wenn nötig, trete ich auch mal vor die Kamera. Im Mittelpunkt sollen die Mannschaft und der Trainer stehen. Die sind dafür verantwortlich, die Leistung auf den Platz zu bekommen. Ich sehe meine Arbeit eher im Hintergrund.“


Informationen
Quelle: donaukurier.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC Ingolstadt; Linke; Özcan; Leitl; Soares; Lappe
Datum: 24.01.2013 17:15 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-ingolstadt-sportdirektor-linke--„ich-bin-keiner--der-sich-versteckt“-3787.html
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