Paulianer provinzielle Possenspiele


Irgendwie passieren in diesen Tagen ungewöhnliche Sachen beim FC St. Pauli. Grund dafür ist die merkwürdig anmutende Entlassung von Trainer Andre Schubert nach einer 5:0 Gala gegen den Aufstiegskonkurrenten SC Paderborn. Nun hingegen macht der Spitzenklub der 2. Bundesliga einen Salto rückwärts und stellt seinen entlassenen Trainer wieder ein. Ein Possenspiel, was in keinem Kabarett auf der Reeperbahn hätte besser gespielt werden können.

Diese Posse ist überaus peinlich, denn nun versucht der blamierte Verein mit einer Verkettung unglücklicher Umstände zu argumentieren. So gab es offenbar erhebliche Kommunikationsprobleme, was auch daran liegen könnte, dass es beim Hamburger Stadtteilverein strukturell bedingte Führungsprobleme gibt. Dies konnten auch die augenscheinlichen Erfolge wie zum Beispiel der Stadionbau nicht übertünchen. Wie auch am Beispiel des jäh abgestürzten 1.FC Köln schön festzumachen ist, kann sportlicher Erfolg nur dann zustande kommen, wenn die Machthierarchien und Entscheidungsflüsse einer klaren Regelung unterworfen sind. Dies ist beim FC St. Pauli nicht der Fall gewesen, weshalb in der Rückrunde ein tiefer sportlicher Abfall gekommen ist. Viele Kenner der Paulianer Fußballszene sind auch der Ansicht, dass St. Pauli-Boss Stefan Orth nicht der starke Mann auf der Kommandobrücke des leidenschaftlichen Kiezklubs ist. Die eigentlichen Macher im Hintergrund sind seine Stellvertreter wie Bernd-Georg Spies oder auch Gernot Stenger. Das Fußballgeschäft hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Ehrenämter, wie im Präsidium vom FC St. Pauli sind auf Dauer nicht mehr zu tragen. Dies erscheint angesichts der Fülle an Aufgaben nicht mehr sinnvoll. So ist die bittere Konsequenz aller Beteiligten, dass die Kommunikation zwischen Präsidium und dem Trainer unter diesem Problem extrem gelitten hat. Auch dies war ein wichtiger Grund für dieses Possenspiel.
Ohne Frage ist Sportchef Helmut Schulte auch ein klarer Verlierer in diesen Tagen. So ist es doch die klare Aufgabe eines Managers, dass er seine Pflicht erfüllt, wenn er zusammen mit dem Trainer Geschlossenheit demonstriert, Ratschläge erteilt und vor allem negative Entwicklungen erkennt und dagegen zusteuern versucht. Deshalb muss sich auch Schulte kritisch hinterfragen. Wenn sich beim FC St. Pauli unter dem neuen, alten Trainer Holger Stanislawski
nicht vieles grundlegend ändern wird, dann wird auch in der nächsten Spielzeit der Bundesligazug ohne Pauli abfahren.
Für Andre Schubert fängt nun alles wieder von vorne an. Das „Analyse Gespräch“ mit dem hilflos wirkenden Präsidium brachte das Ergebnis, dass der „harte Hund“ wieder den Job als Cheftrainer beim Tabellenvierten der 2. Bundesliga antreten darf. Gestern war Schubert wieder in Zivilklamotten beim Training an der Kollaustraße präsent. Die Übungen im Kraftbereich wurden von Schuberts Assistenten Moritz Lichte und Thomas Meggle geleitet.
Auch die Vizepräsidenten Dr. Bernd-Georg Spies sowie Tjark Woydt zeigten sich und erläuterten der Mannschaft die neue Kehrtwende in Sachen Trainer. Danach wurde ein Gespräch mit Schubert geführt. Zum 100. Geburtstag des SSV Rantzau wurde dieses Testspiel locker mit 9:0 gegen den Hamburger Bezirksligisten gewonnen. Ein sichtlich gelöst wirkender Schubert erklärte danach: „Nach den vergangenen Tagen frage ich mich, ob in meinem zukünftigen Trainerleben noch mehr kommen kann als das? Dass ich das überstanden habe, macht mich froh und stark. Jetzt freue ich mich einfach nur, hier zu spielen. Und auch mal Fabian Boll als Stürmer zu bringen.“
Für Helmut Schulte scheinen die nächsten Tage nicht ganz so heiter zu werden. Ihm droht ebenfalls ein „Analyse-Gespräch“ mit den Vereinsbossen. Der Ausgang ist ungewiss. Trotzdem ist Schulte optimistisch, wenn er sagt: „Ich mache meinen Job und schaue heiter in die Zukunft.“
Es ist klar, dass dieses Novum im deutschen Profifußball exemplarisch für den FC St. Pauli erscheint, der schon des Öfteren mit solch ungewöhnlichen Schlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht hat. Das Wichtigste wird definitiv der sportliche Bereich sein. Alles andere als der Bundesliga-Aufstieg nach der kommenden Bundesliga-Saison wäre für den Kultklub mit dem Piratenkopf eine echte Enttäuschung.


Informationen
Quelle: abendblatt.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: FC St. Pauli; Schubert; Spies; Stenger
Datum: 09.05.2012 19:07 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-paulianer-provinzielle-possenspiele-924.html
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