Veh spricht Klartext


Die stolze Eintracht aus Frankfurt hat in den letzten Wochen den Anspruch auch sportlich untermauert, dass der Aufstieg nur über sie führen wird. So waren die Spiele gegen die Ostklubs aus Rostock und Dresden einmal mehr Beweis dafür, dass spielerisch und taktisch die Eintracht schon erstklassig sein kann, wenn das große Potential abgerufen werden kann.

Trotz der allgemeinen Glückseligkeit im Riederwald versucht Trainer Armin Veh als Mahner aufzutreten und fordert seine Mannen auf, mit größtmöglicher Konzentration die nächsten Aufgaben anzugehen. Auch die Kritik an seiner eigenen Person prallte nicht ohne Weiteres an ihm ab. So wurde in diversen Foren rund um die Eintracht gelästert, dass Armin Veh ziemlich satt sei, auch wenn seine Qualitäten als Fußballlehrer höchsten Ansprüchen genügen.
Besonders nach seiner unglücklich verlaufenden Zeit beim Hamburger SV wurde offen gemunkelt, dass ihm den zuweilen unnahbar wirkenden bisweilen das Feuer fehle, um den Traditionsverein aus der Bankenmetropole wieder in die Erstklassigkeit zu führen.
All diese Skepsis wurde in den letzten Monaten jedoch nicht bestätigt, da sich Veh als eloquenter, direkter aber vor allem erfolgreicher Trainer erwiesen hat, der die „Eintracht-Flotte“ klar Richtung Aufstieg steuert. Auch die Mär, dass beim 51-Jährigen körperliche Probleme existiert haben, wurde alsbald in das Reich der Fabeln verwiesen. So konnten unzählige Beobachter der ersten Trainingseinheiten vor dem Spiel bei Union Berlin erkennen, dass der ehemalige Bundesligaprofi mit vollem Eifer dabei ist und seine Mannschaft auf das Spiel in der Hauptstadt bestmöglichst einstellt.
Auch die Sorgen der Fans sind dem zuweilen schroff wirkenden Veh sehr wichtig. So war er sich am vergangenen Montag nicht zu schade, mit einer Familie zu sprechen, dass er seine Mannschaft nicht auf dem Platz mit dem Ball trainieren ließ, sondern zum Joggen schickte. Ein Eingriff in die Trainingsgestaltung des Trainers, die einen genervten Veh normalerweise wütend werden lassen. In diesem Fall nahm sich der Eintracht-Coach aber mehrere Minuten Zeit, um seine Beweggründe zu erklären. Nach diesem Gespräch erklärte ein leicht genervt wirkender Veh: „Noch acht Spiele, dann ist es rum.“ Um sämtlichen Spekulationen entgegenzutreten, versicherte er jedoch sofort: „Dann ist Urlaub.“
Diese innere Ruhe war jedoch schnell vorbei, da er den anwesenden Journalisten in aller Klarheit deutlich machte, dass ihm die allgemeine Sorglosigkeit rund um die Frankfurter Eintracht extrem nervt. „Jetzt wird’s Frühling, jetzt wird’s warm, jetzt steigen wir auf“, so ein angespannt wirkender Coach. Er möchte sein Team nicht zu sehr in Sicherheit wiegen, denn auch wenn die Konkurrenz aus Paderborn, St. Pauli und Düsseldorf gepatzt hat und derzeit vieles für einen Zweikampf Fürth gegen Frankfurt spricht, so möchte er von einem Aufstieg noch nichts wissen. Daher gibt er auch ganz freimütig zu: „Das ist ein Krampf.“ Auch wenn die Eintracht bei noch acht ausstehenden Spielen fünf Punkte Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz (St. Pauli, 50 Pun
kte) und immerhin drei Zähler Abstand auf den Relegationsrang, den Fortuna Düsseldorf mit derzeit 52 Zählern belegt, derzeit relativ sicher wirkt, so gibt es keine Möglichkeit zum Entspannen, wie Veh unterstreicht: „Ich spüre diese Haltung sehr genau. Aber das ist Blödsinn, Schwachsinn“, regte er sich auf. „Das ist doch der Wahnsinn.“ Da kam wieder der emotionale Veh durch, der seinen Gefühlen freien Lauf ließ: „Und wenn wir jetzt gegen Berlin verlieren? Und Düsseldorf gewinnt? Was ist dann? Ist dann wieder alles schlecht? Ist dann wieder alles vorbei?“
Veh zeigt auch in seiner Gestik und Mimik, dass er dem „Braten nicht trauen“ möchte. Seine Erfahrungen in dieser Spielzeit waren zu schlecht, als dass er jetzt schon vom Aufstieg reden möchte. Er nennt Beispiele. Wie zum Beispiel die ähnlich euphorische Stimmung nach dem 6:1 Kantersieg gegen den Stadtrivalen FSV Frankfurt. „Danach waren wir in der öffentlichen Meinung ja auch schon so gut wie aufgestiegen.“ Die Folge war eine bittere 2:4 Niederlage beim SC Paderborn nach einer indiskutablen Leistung. Solch einen Auftritt hatte selbst Veh damals nicht erwartet. Er weiß, dass nur der Aufstieg zählt nach dem Betriebsunfall Abstieg. Frankfurt ist ein gefühlter Erstligist mit einer prominent besetzten Mannschaft, einem tollem Stadion, einer unglaublichen Begeisterungsfähigkeit der Fans und auch großzügigen Sponsoren, die vor allem Bundesligafußball sehen möchten. Deshalb hat er jetzt die klaren Worte gewählt, weil er die Konzentration bei seinem Team hochhalten möchte.
Das ein solch großer Vorsprung auch eingeholt werden kann, hat er selbst erlebt. Nur diesmal in der anderen Rolle. Wenn nicht alle bis zum letzten Spieltag sehr aufmerksam und absolut leistungsfähig bleiben, dann könnte es ein Trauma geben. „Dann kann es passieren, dass wir am Ende alle blöd dastehen.“ So gewann er im Jahr 2007 die Meisterschale mit dem VfB Stuttgart, obwohl der FC Schalke 04 acht Spiele vor Schluss sieben Zähler Vorsprung auf den VfB hatte. Veh rhetorisch: „Und wer ist Meister geworden?“ Und gibt selbst die Antwort. „Schalke glaube ich nicht.“
Den Journalisten hat er die Meinung gegeigt. Solch eine Ansprache will Veh vor seiner Mannschaft aber zunächst nicht anbringen. So begründet er: „Ich brauche jetzt noch keine Spannung aufbauen.“ Disziplin ist für ihn oberstes Gebot, wie unlängst auch Youngster Sonny Kittel verstehen musste, der ein Interviewverbot erhalten hat. Auch persönliche Sachen mit den Stars soll es in den letzten wichtigen Wochen bis zum Aufstieg auch nicht mehr geben, wie Veh zugibt: „Und Homestories wird es auch keine mehr geben. Er stellt klar: „Wir müssen hier mal ein bisschen auf dem Teppich bleiben.“


Informationen
Quelle: fr-online.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Eintracht Frankfurt; Veh
Datum: 21.03.2012 20:26 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-veh-spricht-klartext-850.html
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