Wolfgang Niedecken über den 1. FC Köln: „Ich erwarte nicht, dass die Jungs aufsteigen“


Für Wolfgang Niedecken haben sich die Prioritäten im Leben sichtbar verschoben. Nun steht definitiv die Gesundheit für ihn an erster Stelle, denn nach einem Schlaganfall wäre er im November 2011 fast verstorben. Auch die unbändige Liebe zum 1. FC Köln hat ihn wieder die Kraft gegeben aufzustehen. Nun hat er sein Comeback wieder geschafft und so stand der Sänger der Kölschrocker BAP am vergangenen Dienstag wieder auf der Bühne, um beim Tollwood-Festival die besten Hits zu präsentieren.

Familie, Musik und Fußball sind wichtige Komponenten in seinem aufregenden Leben. Gegenüber „sport1“ hat er klar gemacht, dass ihn der fünfte Abstieg des FC in den letzten 14 Jahren emotional sehr bewegt hat. Um seine Verrücktheit nach diesem ganz speziellen Verein Ausdruck zu verleihen, hat er in dem Lied „Woröm dunn ich mir dat eijentlich ahn“ („Warum tu ich mir das eigentlich an?“) die Gründe genannt, warum er trotz chronischer Erfolglosigkeit seiner „großen Liebe“ auch weiterhin die Treue hält. Im Gespräch mit „Sport1“ gibt er sich sehr gesprächig und teilt seine Ansichten über verschiedene Themenbereiche mit.

Über seinen derzeitigen Gesundheitszustand sagt er folgendes: „Mir geht es wunderbar. Ich hatte ja keinen unsoliden Lebenswandel. Ich habe mir einen Husten eingefangen und der hat in der Halsschlagader zu einer kleinen Wunde geführt. Es war also nicht wegen zu hohem Blutdruck, Drogenmissbrauch, Alkohol, Zigaretten. Ich habe nicht mehr geraucht, seit ich 28 bin und in meinem Jubiläumsjahr, als ich 60 wurde, habe ich ganz auf Alkohol verzichtet. Ich ernähre mich vegetarisch und lebe schon sehr gesund.“

Viel wurde gemunkelt. Speziell die Boulevardmedien haben umfassend und teilweise exzessiv über diese Geschichte berichtet. Spekulationen und Wahrheiten wechselten sich ab. Gegenüber „sport1“ stellt er nun einiges klar, wie es wirklich gewesen ist: „Es war schon ernst und mein letzter Gedanke vor der OP war "hoffentlich werde ich nochmal wach". Hinterher dachte ich "geil, es gibt noch eine Zugabe". Aber wir haben alles gut im Griff gehabt. Wenn mein Arzt mir heute sagt, dass ich gewisse Dinge nicht machen soll, dann mache ich das auch nicht. Mir geht es besser als vorher, weil ich das Ganze noch konzentrierter betreibe. So eine Erfahrung lässt einen schon die Stellschrauben neu justieren. An ein Ende von BAP habe ich aber nie gedacht, weil ich der Zuversichtlichste überhaupt war.“

Was ihn auch in diesen Tagen bewegt, ist ohne Frage die Situation rund um den leidgeprüften 1. FC Köln, der vor der anstehenden Zweitliga-Saison viele Änderungen in sämtlichen Bereichen vorgenommen hat. Über seine ganz besondere Beziehung zum Verein sagt er: „Drei Sachen im Leben kannst du dir nicht aussuchen: den Vater, die Mutter und den Verein, den sie dir in die Wiege legen und mit dem du lebenslänglich leidest. Der FC kann absteigen bis zur Thekenmannschaft und ich werde immer noch mit ihm leiden.“

Unweigerlich muss
er sich auch mit Thema Abstieg auseinandersetzen. Der meinungsfreudige Niedecken spricht auch in diesem Zusammenhang Klartext: „Zunächst mal war dieser Abstieg unnötig wie ein Kropf. Wenn diese Machtspiele im Verein nicht gewesen wären, dann wären wir auch mit Sicherheit nicht abgestiegen. Da haben einige Leute Schindluder betrieben. Ich bin da noch sehr erbost über dieses blödsinnige Machtpoker-Theater. Damit haben sie den FC auf dem Gewissen, denn das, was passieren kann, ist eigentlich abzusehen.“

Der Musiker macht sich um seinen Verein wirklich große Sorgen. Zugleich drückt er seine schlimmsten Befürchtungen aus: „Wir sind hoffnungslos überschuldet und es könnte sogar noch zu einer Pleite kommen. Ich erwarte nicht, dass die Jungs im nächsten Jahr wieder aufsteigen. Ich erwarte, dass die sich konsolidieren. Das kann einige Jahre dauern. Fortuna Düsseldorf ist damals zwangsabgestiegen, hoffentlich bleibt uns dieses Schicksal erspart. Aber bitte nicht vom Aufstieg reden. Dann geht das schon wieder los, wenn wir nur einen zweistelligen Tabellenplatz erreichen sollten. Dann wird der FC wirklich irgendwann noch zur Thekenmannschaft. Ich stapele sehr tief und meine persönliche Erwartungshaltung ist die Konsolidierung. Wenn sie das schaffen, bin ich zufrieden.“

Die sportlichen Probleme sieht Niedecken als hausgemacht, da nach seiner Ansicht vor allem die mächtigen Kölner Medien erheblichen Druck auf den Traditionsverein ausüben: „Ich habe den Abstieg kommen sehen. Man muss wissen, wo in der Schlangengrube, in die man treten soll, die Giftschlangen, die Würgeschlangen und die Blindschleichen sind. Der FC befindet sich am Nasenring des Kölner Boulevards. Solange man sich davon nicht löst, wird das Problem immer gleich bleiben.“

Früher hat sich ein Wolfgang Niedecken zu Saisonbeginn auch zu der Aussage hinreißen lassen, dass Köln als Aufstiegsfavorit angesehen werden kann. Doch die Erfahrungen haben auch ihn spürbar vorsichtiger werden lassen. Deshalb sieht er auch andere Teams in der Favoritenrolle, wie er „sport1“ anvertraut hat: „Früher habe ich immer gesagt, dass Greuther Fürth immer schön versucht hat, bloß nicht aufzusteigen. Jetzt haben die nicht aufgepasst und sind aufgestiegen, die Armen. Wer kann da noch aufsteigen. Berlin wird hochgehen, St. Pauli könnte es schaffen, Kaiserslautern mit ihrem guten Präsidium. Die drei werden es wohl sein. Beim FC weiß man nicht wirklich, wie die in die Gänge kommen.“


Informationen
Quelle: sport1.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: 1. FC Köln
Datum: 19.07.2012 16:42 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-wolfgang-niedecken-ueber-den-1--fc-koeln--„ich-erwarte-nicht--dass-die-jungs-aufsteigen“-1043.html
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