Andersen vor der Rückkehr in die alte Heimat


Für KSC-Trainer Jörn Andersen ist dieses Montag-Abend-Top-Spiel beim FC St. Pauli ein Spiel mit einem ganz besonderen Reiz. Immerhin gibt es die Rückkehr nach Hamburg. In die Stadt, wo er einst für den Stadt-Rivalen Hamburger SV auf Torejagd ging. Jetzt gibt es aber keine Zeit für Sentimentalitäten, denn Karlsruhe braucht jeden Punkt im Kampf gegen den Abstieg.

Das 0:5 Heimdebakel gegen eine wiedererstarkte Fortuna aus Düsseldorf war ein tiefer Schlag ins Gesicht des KSC, der so gut aus der Winterpause gekommen ist. Nun gilt es weiterhin fleißig punkte zu sammeln, denn ein Abstieg in die 3.Liga würde den Traditionsverein um Jahre zurückwerfen und ein großes Maß an finanziellen Sorgen bereiten. Für Jörn Andersen ist es noch keine sechs Jahre her, als er sogar vor einem der höchsten Ämter stand, die es im deutschen Trainerwesen gab: den Posten als Bundestrainer-Assistent von Joachim Löw. Was viele nicht wussten, wird jetzt publik.
Im Sommer 2006 gab es intensiven Kontakt zu Löw und dem DFB, die telefonisch das Interesse offenbart hatten. Was Andersen gegenüber dem Hamburger Abendblatt bestätigt: „Jogi hatte mich angerufen und gefragt, ob ich Interesse hätte. Natürlich hatte ich das, ich hätte den Job gerne gemacht“, so der Norweger mit deutschem Pass. Nach vielen Gesprächen, auch mit anderen Kandidaten hat sich Löw letztlich für den jetzigen Assistenten Hansi Flick entschieden. Wahrlich keine schlechte Kombination, denn Deutschland gehört mit dem Erfolgstrainer-Duo neben Spanien zum großen Favoriten auf den EM-Titel 2012.
Während die beiden Auswahltrainer um internationale Titel streiten, muss Jörn Andersen derzeit um die Zweitliga-Existenz des Karlsruher Sportklubs kämpfen. Am Hamburger Millerntor muss sein Team unbedingt punkten, denn die Konkurrenz im Abstiegskampf ist stets für überraschende Punkte gut. Der KSC muss also nachlegen. Auch wenn die aufstiegsambitionierten Hamburger Stadtteilkicker bei sämtlichen Buchmachern klarer Favorit sind, so gilt kein Bange machen vor dem eminent wichtigen Duell beim Tabellen-Fünften. Andersen ist ein Kämpfer – als Spieler und als Trainer. Deshalb gibt es für ihn keinen Grund in Erfurcht zu erstarren: „Ich spiele lieber gegen gute Mannschaften als gegen solche, die wir schlagen müssen. Wir haben genug Qualität, um mitzuhalten“, äußert er sich selbstbewusst.
Eine Eigenschaft, die den ersten ausländischen Torschützenkönig der Bundesliga ehrt, aber auf dem Platz von seiner Mannschaft umgesetzt werden muss. Der Blondschopf musste nach seiner herausragenden Stürmerkarriere, wo er zu einer der besten Angreifer im deutschen Fußball emporstieg in den letzten Jahren jedoch auch einige Nackenschläge verkraften. So war unweigerlich
einer der größten Tiefpunkte seiner Trainerkarriere die vorzeitige Entlassung in Mainz im Sommer 2009. Die Zeit nach Jürgen Klopp war auch für ihn nicht einfach. Akzeptanzprobleme im Umfeld und vor allem innerhalb des Teams führten zu seiner vorzeitigen Demission noch vor dem ersten Spieltag. Die offizielle Begründung lautete: „Gestörte Kommunikation“. Für Andersen eine verdammt harte Zeit, wie er offen zugibt: „Das hat sehr wehgetan.“ Der Clou an der ganzen Geschichte war jedoch, dass Andersen wenige Wochen zuvor den FSV Mainz 05 zum Aufstieg geführt hatte.
Auch in Griechenland war Andersen kein Thema mehr und wurde bei seinen Stationen in Larisa und Skoda Xanthi nicht gerade mit dem nötigen Respekt behandelt. Auch deshalb war sein Trainer-Ruf in Deutschland mächtig angekratzt, denn auch die autoritäre, fast unnahbar wirkende Art ist den Fußball-Fachleuten in der Bundesrepublik nicht verborgen geblieben. Nun gibt es am morgigen Montag die Rückkehr mit einem krisengeschüttelten KSC, der im Winter runderneuert wurde. So wurden nach einer miserablen Hinrunde auch externe Geldgeber in Anspruch genommen, um den KSC wieder aus dem Tabellenkeller zu führen. Fünf Niederlagen in den ersten fünf Spielen liessen auch das Ansehen von Andersen in den Minusbereich sinken. Für Florian Lechner wird diese Begegnung eine besonders emotionale sein. Immerhin spielte er mehrere Jahre am Paulianer Millerntor und mutierte zu einem absoluten Publikumsliebling. Beifallsbekundungen durch die Pauli-Fans werden ihm gewiss sein. Insgesamt ist die Mannschaft extrem gut drauf, denn in den ersten fünf Spielen nach der Winterpause konnten immerhin sieben Zähler geholt werden. Die neuerliche 0:5 Niederlage gegen Fortuna Düsseldorf hat jedoch den KSC wachgerüttelt.
Trotz allem kann er die aufkommende Kritik an seiner Person nicht ganz nachvollziehen. „Wenn es nicht läuft, ist in Deutschland immer der Trainer schuld“, so die Anklage Andersens. Und weiter: „In anderen Ländern hat man mehr Geduld. Auch die Tatsache, dass er für den Posten als Bundestrainer-Assistent von Joachim Löw als nicht gut genug befunden wurde, interessiert ihn derzeit nicht mehr: „Ich bin sowieso lieber Cheftrainer einer Mannschaft. Dann kann ich selbst entwickeln.“ Hoffentlich geht die Entwicklung des KSC auch im nächsten Jahr in der zweiten Bundesliga weiter.


Informationen
Quelle: abendblatt.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: KSC; Karlsruhe; Andersen
Datum: 11.03.2012 13:23 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-andersen-vor-der-rückkehr-in-die-alte-heimat-839.html
RSS Feed
Vorheriger Artikel:
» Eisern und die Stasi
Kommentare
Name:
E-Mail: (nicht öffentlich)
Homepage:
Kommentar:
Spam-Schutz: Bitte das Wort ZWOTE in das Feld eintragen!


Für diese News ist leider noch kein Kommentar vorhanden.

Für den Inhalt des Kommentars ist der Autor verantwortlich. Die Kommentare spiegeln nicht die Meinung von 2-liga.com wieder.
Diese Nachrichten könnten Sie ebenfalls interessieren
Anzeige
Anzeige