Hertha BSC und die Ungewissheit


Es ist in diesen sonnigen Tagen wahrlich keine Wonne Fan von Hertha BSC zu sein. Vieles ist ungewiss, sogar die Ligazugehörigkeit, die am Freitag vor dem DFB-Sportgericht entschieden wird. Unter vorgehaltener Hand glauben nicht mehr allzu viele an einen Hertha-Erfolg. Dafür ist das Image, nach dem Pyrotechnik-Inferno und vor allem den verbalen und körperlichen Entgleisungen der Berliner Spieler im Relegationsspiel in Düsseldorf schlichtweg zu schlecht. Vieles von diesem Dilemma hat sich der Hauptstadtklub selbst zuzuschreiben. Nun müssen schnellstmöglichst Lösungen gefunden werden.

Eine erste Möglichkeit wieder Vertrauen bei den Mitgliedern zu bekommen, ist es sich den Mitgliedern offen zu stellen. Dies wird heute Abend im Palais unter dem Funkturm passieren, wo Präsidium und Geschäftsführung mit den Mitgliedern diskutieren werden. Bei dieser Veranstaltung werden sämtliche Themen diskutiert, die für die sich sorgenden Mitglieder interessant erscheinen könnten.
Viel wird auch zum DFB-Sportgericht schauen, welches den Weg des Hauptstadtklubs am Freitag entscheiden wird. Vieles deutet auf die abermalige Zweitklassigkeit hin. Auch deshalb, um diesen erneuten sportlichen und wirtschaftlichen Niedergang möglichst heil zu überstehen, wird es am Dienstag nach Pfingsten, dem 29. Mai, eine Weichenstellung für die Hertha-Zukunft geben. In dieser Form wird auch ein neues Präsidium gewählt. Den Fokus sämtlicher Diskussionen wird einnehmen, ob Michael Preetz im Verein weiterhin bleiben kann oder nicht. Seine Bilanz ist nicht gerade imagefördernd. So mussten unter seine Ägide zwei Abstiege in drei Jahren verkraftet werden. Viele haben sich klar gegen den ehemaligen Hertha-Goalgetter positioniert. So hat der potentielle Präsidiumskandidat Michael Sziedat und auch die beiden Präsidiumsmitglieder Jörg Thomas und Ingmar Pering sich deutlich für eine Entlassung von Preetz stark gemacht.
BSC-Boss Werner Gegenbauer sieht dies komplett anders. Er plädiert klar und deutlich für eine Weiterbeschäftigung des umstrittenen Managers, der auch transfertechnisch nicht immer optimal gehandelt hat. Gegenbauer spricht von einer Kontinuität, die er mit einer Weiterbeschäftigung vorantreiben möchte. Bis Juni 2014 soll sich Preetz weiter abmühen, der selbst keinerlei Anstalten macht, den Posten freiwillig zu räumen. Immer wieder wird Realität, dass Gegenbauer sein persönliches Schicksal an das von Preetz geknüpft hat.
Einen anderen Blickwinkel empfiehlt Präsidiumsmitglied Norbert Sauer, der erklärt: „Die Fokussierung auf Preetz schadet Hertha.“ Und er präzisiert seine Kritik: „Die Zuspitzung lenkt von anderen Schwierigkeiten ab.“ Sauter hat schon in der Führung bei großen Unternehmen gearbeitet. So war er Geschäftsführer der Ufa-Filmproduktion in Potsdam. Auch aus diesem Grund kennt er sich mit dem Umgang von großen Summen bestens aus.
Schon Ende der 90 er Jahre, als es der Hertha noch sportlich und finanziell deutlich besser ergangen ist, war er schon im damaligen Hertha-Aufsichtsrat tätig. Seit 2008 ist er nun im Präsidium involviert. Er ist keiner und wird niemals einer sein, der sich bei den Anhängern einschmeicheln möchte. Vielmehr lässt er Taten und Visionen sprechen. Er möchte nicht dabei sein, wenn zu viele Fehler sportliche und wirtschaftliche Substanz gefährden. Auch deshalb ist er in diesen Tagen verärgert wie besorgt zugleich.
Harsche Kritik übt Sauer an den Spielern, wenn er sagt: „Die Mannschaft hat versagt. Sie hat Spiele abgeliefert, in denen es gefehlt hat an Engagement, Leidenschaft und Aggressivität.“
Es ist bekannt, dass es massive Veränderungen im Kade
r geben wird. Teure Profis wie Raffael, Adrian Ramos, Patrick Ebert, Christian Lell oder auch Andreas Ottl können nicht mehr finanziert werden. Oft klafften auch erhebliche Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit dieser genannten Spieler, die häufig auch die nötige Einstellung vermissen ließen und erst im zweiten Relegationsspiel bei Fortuna Düsseldorf andeuten konnten, was sie leisten können.
Nun wird es daher die dringliche Aufgabe vom neuen Trainer Jos Luhukay sein, dass er eine schlagkräftige Mannschaft um Torwart Thomas Kraft aufbaut, welches auch mittelfristig wieder das anspruchsvolle Berliner Publikum überzeugen kann.
Eine weitere offene Baustelle ist die Frage, wann und in welchem Maße die legendären Hertha-Bubies schon in den Einsatz kommen können. Sauter fragt sich: „Haben wir endlich den Mut, die jungen Leute, die wir ausbilden, auch einzusetzen?“ So ist für viele absolut unbegreiflich, dass Youngsters wie Jerome Kiesewetter, den es zum VfB Stuttgart zieht oder Richard Strebinger, der nach Bremen II wechselt, nicht gehalten werden können. Preetz erklärt dazu, dass bei diesem Spieler die Hoffnung nicht allzu groß gewesen sei, dass sie den Profikader hätten verstärken können. Nun müssen zumindest die Spieler eine faire Chance erhalten, die schon erste Erfahrungen im Profikader sammeln konnten. Dabei geht es nominell um Spieler wie Alfredo Morales, John Brooks, Nico Schulz, Sebastian Neumann, Fabian Holland und Marco Djuricin. Auch wegen der finanziellen Probleme soll es wieder mehr Spieler geben, die es von der A-Jugend oder dem U23 Team zu den Profis schaffen können. Dies ist in den nächsten Tagen auch alternativlos, denn Geld für ein neues, externes Team ist einfach nicht da.
Damit gibt es ein weiteres Thema, welches in diesen Tagen diskutiert wird. Die Deutsche Fußball Liga hat den Berlinern klare Bedingungen auferlegt. Am heutigen Tag gehen die letzten Papiere nach Frankfurt zurück. Finanzchef Ingo Schiller dazu: „Wir haben die geforderten Unterlagen vollständig und fristgerecht eingereicht.“ Und bedankt sich ebenfalls bei den vielen Partnern und Gönnern, die den finanziell schwer angeschlagenen Berlinern unter die Arme gegriffen haben. Es gibt jedoch immerhin auch die gute Nachricht, dass die Deutsche Bahn auch in der Zweiten Liga erhalten bleiben dürfte. Auch das Land Berlin kommt dem Verein entgegen. So konnte eine Senatssprecherin bestätigen, dass dem Verein für das Olympiastadion und dem Olympiapark „eine Teilstundung einräume, die angemessen verzinst wird“. Präsident Werner Gegenbauer sagte optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass die Lizenz sicher ist.“ Trotzdem muss Hertha in allen Bereichen massiv sparen. Parallel dazu muss sich jedoch vieles im Verein verbessern. Eine Entwicklung muss klar erkennbar sein. So stellt sich Sauer die Frage: „Haben wir den Mut, mittelfristig zu agieren, statt nur kurzfristig zu reagieren?“
Diese Frage stellen sich in diesen Tagen viele Herthaner. Eine plausible Antwort können sie derzeit nur schwer finden.


Informationen
Quelle: www.morgenpost.de
Autor: Henning Klefisch
Schlagworte: Hertha BSC; Preetz; Luhukay
Datum: 24.05.2012 21:36 Uhr
Url: http://www.2-liga.com/2liga/news-hertha-bsc-und-die-ungewissheit-961.html
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